Die Wahl des richtigen Gehäusematerials ist ein zentraler Aspekt bei der Entwicklung von Elektrogeräten – und weit mehr als nur eine ästhetische Entscheidung. Denn das Gehäuse schützt nicht nur empfindliche Elektronik vor äußeren Einflüssen, sondern beeinflusst auch Faktoren wie Wärmeableitung, EMV-Abschirmung, Gewicht und Verarbeitungsaufwand. Wer etwa Steuerungstechnik für industrielle Anlagen, IoT-Geräte oder Messsysteme entwickelt, muss frühzeitig überlegen, ob Kunststoff, Aluminium oder Stahl den jeweiligen Anforderungen am besten gerecht wird.
Kunststoffgehäuse: Leicht, kostengünstig und flexibel – aber wo liegen die Grenzen?
Kunststoffgehäuse gehören zu den beliebtesten Optionen, wenn es um kompakte, wirtschaftliche und einfach zu verarbeitende Lösungen geht. Sie sind leicht, einfach zu montieren und lassen sich durch Spritzguss in nahezu jede Form bringen. Das ist insbesondere dann von Vorteil, wenn man spezielle Befestigungspunkte oder Gehäuseformen benötigt, die über Standardlösungen hinausgehen. Zudem sind Kunststoffgehäuse häufig UV-beständig und in unterschiedlichen Farben lieferbar, was sie auch für den Einsatz im Außenbereich interessant macht – allerdings nur, wenn die Umgebungsbedingungen nicht zu extrem sind.
In Bezug auf die elektrische Isolation bieten Kunststoffe klare Vorteile, da sie von Natur aus nicht leitend sind. Das ist in vielen Anwendungen ein Sicherheitsaspekt, der zusätzliche Schutzmaßnahmen überflüssig machen kann. Auch die Herstellungskosten sind vergleichsweise gering, was Kunststoff zu einer attraktiven Wahl für Serienprodukte macht. Hinzu kommt die hohe Designfreiheit, mit der man individuelle Kundenwünsche effizient umsetzen kann.
Doch trotz dieser Vorteile gibt es auch klare Grenzen. Kunststoff ist mechanisch weniger belastbar als Metall. Bei hoher mechanischer Beanspruchung, etwa in industriellen Umgebungen mit starker Vibration oder Stoßeinwirkung, kann das Material versagen. Auch die Wärmeableitung ist ein kritischer Punkt: Da Kunststoffe Wärme schlecht leiten, kann es bei leistungsstarken Bauteilen zu einer unerwünschten Hitzeentwicklung im Gehäuse kommen. Ein weiteres Thema ist die elektromagnetische Abschirmung – diese fehlt bei Kunststoffgehäusen komplett und muss durch zusätzliche Maßnahmen wie EMV-Lackierungen oder metallisierte Innenflächen ergänzt werden. Wer also mit störanfälliger Elektronik arbeitet, sollte diese Aspekte sorgfältig prüfen.
Aluminium als Mittelweg: Gute Wärmeableitung trifft auf ansprechende Optik
Aluminiumgehäuse bieten eine ausgewogene Kombination aus technischer Leistungsfähigkeit und gestalterischer Eleganz. Sie sind robust, relativ leicht und verfügen über eine deutlich bessere Wärmeleitfähigkeit als Kunststoff. Das macht sie zur idealen Wahl, wenn man elektronische Komponenten effizient kühlen muss – sei es durch natürliche Konvektion oder durch Wärmeableitung an der Gehäuseoberfläche. Gerade bei Geräten mit integrierten Netzteilen oder Leistungselektronik, wie sie in Steuerungs- oder Messsystemen vorkommen, spielt das eine zentrale Rolle.
Ein weiterer Vorteil liegt in der elektromagnetischen Abschirmung: Aluminium ist leitfähig und bietet von Natur aus einen gewissen EMV-Schutz. In Kombination mit passenden Dichtungen und sauberem Gehäusedesign kann man so hohe Standards erfüllen, ohne zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen. Das spart Platz und reduziert die Komplexität der Konstruktion. Aluminiumgehäuse wirken zudem hochwertig und lassen sich durch Pulverbeschichtung oder Eloxierung optisch veredeln, was sie auch für sichtbare Anwendungen im Innen- und Außenbereich attraktiv macht.
Hersteller wie ROLEC bieten eine breite Palette an Aluminiumgehäusen, die speziell für den industriellen Einsatz entwickelt wurden. Dazu zählen Modelle mit IP-Schutzklassen bis IP67, die nicht nur gegen Staub und Spritzwasser, sondern auch gegen zeitweiliges Untertauchen geschützt sind. Solche Gehäuse eignen sich etwa für den Einsatz an Maschinen, in der Gebäudeautomation oder im Anlagenbau. Dennoch ist Aluminium nicht für jeden Zweck optimal. Bei sehr aggressiven Umgebungen – etwa in der Chemieindustrie – kann es korrodieren, wenn es nicht ausreichend geschützt wird. Zudem sind Aluminiumgehäuse teurer als Kunststoffvarianten, was sich bei kleinen Stückzahlen oder kostenkritischen Projekten negativ auswirken kann.
Stahlgehäuse für harte Bedingungen: Wenn Stabilität und Abschirmung gefragt sind
Wenn die Belastung hoch ist – sei es durch mechanische Einflüsse, Hitze, Vandalismus oder elektromagnetische Störungen – ist ein Gehäuse aus Stahl häufig die beste Wahl. Stahl ist extrem widerstandsfähig, bietet exzellente EMV-Abschirmung und kann mit der richtigen Beschichtung selbst in korrosiven Umgebungen eingesetzt werden. Für industrielle Schaltschränke, Steuerzentralen oder besonders sensible Messsysteme ist Stahl in vielen Fällen das Material der Wahl.
Man entscheidet sich für Stahlgehäuse vor allem dann, wenn maximale Stabilität gefordert ist. Sie halten auch starken Stößen und Erschütterungen stand, ohne sich zu verformen. Damit sind sie ideal für den Einsatz in Produktionsumgebungen, auf Baustellen oder in sicherheitskritischen Bereichen, in denen das Gehäuse nicht nur die Elektronik schützt, sondern auch ein aktives Element der Betriebssicherheit darstellt. Dank ihrer Masse bieten sie zudem eine natürliche Dämpfung gegenüber Vibrationen, was der Lebensdauer empfindlicher Elektronik zugutekommt.
Ein weiterer Pluspunkt ist die hervorragende elektromagnetische Abschirmung. Stahl blockt elektromagnetische Wellen effizienter als Aluminium oder Kunststoff. Das ist besonders wichtig, wenn man Geräte in EMV-kritischen Umgebungen betreibt – etwa in medizinischen Einrichtungen, Laboren oder in der Nähe von Hochfrequenztechnik.
Die Kehrseite ist das hohe Gewicht. Stahlgehäuse sind schwer und erfordern stabile Befestigungspunkte. Auch die Verarbeitung ist aufwendiger – etwa beim Bohren oder Montieren von Komponenten. Zudem kann es bei schlecht ausgeführten Beschichtungen zu Rostbildung kommen. Deshalb sollte man beim Kauf auf hochwertige Verarbeitung und geprüfte Korrosionsschutzsysteme achten. In vielen Fällen lohnt sich der Mehraufwand, wenn es um langfristige Zuverlässigkeit geht.
Entscheidungshilfe: Welches Material passt zu meinem Einsatzzweck?
Die Wahl des richtigen Gehäusematerials hängt im Wesentlichen von vier Faktoren ab: den Umgebungsbedingungen, der Art der Elektronik, den mechanischen Anforderungen und dem Budget. Will man ein leichtes, kostengünstiges und einfach zu montierendes Gehäuse für Standardanwendungen, ist Kunststoff eine gute Wahl – solange keine besonderen Belastungen oder EMV-Anforderungen bestehen. Besonders bei Seriengeräten mit geringer Wärmeentwicklung und geringem Störpotenzial kann man hier effizient und wirtschaftlich arbeiten.
Ist hingegen eine bessere Wärmeableitung erforderlich, oder spielt die Optik eine größere Rolle – etwa bei sichtbar montierten Steuerungen oder Displays – kann Aluminium die bessere Lösung sein. Es bietet einen guten Kompromiss aus Stabilität, Design und Funktion. Auch die EMV-Abschirmung ist besser als bei Kunststoff, wenngleich nicht auf dem Niveau von Stahl. Aluminiumgehäuse eignen sich zudem für modulare Konzepte, bei denen verschiedene Baugruppen effizient untergebracht werden müssen.
In extremen industriellen oder sicherheitskritischen Umgebungen kommt man oft nicht um Stahlgehäuse herum. Diese sind besonders langlebig, abschirmstark und mechanisch stabil. Allerdings muss man das höhere Gewicht und den höheren Aufwand bei der Montage einkalkulieren. Für Projekte, bei denen absolute Zuverlässigkeit über Jahre hinweg gefordert ist – etwa in der Prozessautomatisierung oder in rauer Umgebung – sind sie dennoch oft unverzichtbar.